NABU|naturgucker-Kongress 2017

  • Hartmut Mai und Stefan Munzinger im großen Vortragsraum in Kassel, (c) Gaby Schulemann-Maier
    Hartmut Mai und Stefan Munzinger im großen Vortragsraum in Kassel, (c) Gaby Schulemann-Maier

Im Jahr 2017 haben wir der Kongress zum dritten Mal ausgerichtet und das Grundprinzip war dem der beiden Vorjahre sehr ähnlich. Dennoch gab es eine entscheidende Neuerung: Dieses Mal waren neben → naturgucker.de und dem → NABU Landesverband Hessen auch der → NABU Landesverband Rheinland-Pfalz und der → NABU Bundesverband Ausrichter der Veranstaltung. Sie fand vom 6. bis 8. Oktober 2017 in Kassel im → Haus der Kirche statt und es kamen rund 160 Teilnehmer*innen, um die vielfältigen Programmpunkte zu erleben.

Tipp: Eine Programmübersicht der gesamten Veranstaltung finden Sie → hier. Außerdem stehen für Sie mehrere → Vortragsmanuskripte zum Herunterladen bereit.

Ankommen sowie alte und neue Freund*innen treffen

Weil naturgucker.de beziehungsweise NABU-naturgucker.de nicht nur eine Online-Plattform zum Melden von Beobachtungen ist, sondern auch ein soziales Netzwerk für Naturbeobachtende darstellt, ist uns die Vernetzung der Naturbegeisterten untereinander ausgesprochen wichtig. Am ersten Abend des NABU|naturgucker-Kongresses wollten wir deshalb wieder die Möglichkeit dazu bieten, dass die Teilnehmenden nach ihrem Eintreffen in Kassel einen ebenso angenehmen wie unterhaltsamen Abend erleben und gleichzeitig alte sowie neue Freund*innen treffen konnten.

Auf dem Programm standen die offizielle Begrüßung, Kultur und Kulinarisches aus Hessen. Hartmut Mai (NABU Hessen) und Stefan Munzinger (naturgucker.de) eröffneten als eingespieltes Team den NABU|naturgucker-Kongress 2017 und es gab für alle Teilnehmenden eine Stärkung am kalten Buffet. Während der Mahlzeit fand bereits ein reger Austausch statt – ganz so, wie es sich die Veranstalter erhofft hatten. Danach ging es über zum Abendprogramm, das im Vorfeld etwas anders geplant worden war, als es tatsächlich ablief. Eigentlich hatte der berühmte Tierstimmen-Imitator Dr. Uwe Westphal auftreten sollen, doch er steckte leider wegen des am Vortag über Norddeutschland hinweggezogenen Sturms Xaver in seiner Heimat fest.

Die Biologin → Lena Ganschow, die aus der Sendung Terra Xpress im ZDF bekannt ist, war als Moderatorin mit von der Partie. Sie ließ mit ihrem ebenso informativen wie unterhaltsamen Spontaninterview, das sie mit Stefan Munzinger führte, ganz schnell vergessen, dass Sturmtief Xavier unser Programm durcheinandergewirbelt hatte. Auf der Bühne unterstützt wurde sie vom Jazz-Trio um → Jan Luley, das mit spritzigen Musikeinlagen das Abendprogramm bereicherte. Nach dem offiziellen Teil klang der Abend bei Getränken und Gesprächen in lockerer Atmosphäre aus.

Fachvorträge am Samstag

An diesem Tag ging es schon um 9:00 Uhr los. Stefan Munzinger und Hartmut Mai begrüßten die zahlreich angereisten Teilnehmenden und umrissen das Programm dieses Kongresstages. Auch Dr. Michael Vogel aus dem Präsidium des NABU-Bundesverbandes stand am frühen Vormittag auf der Bühne. Er legte dar, wie sich die Kooperation von NABU und naturgucker.de gestaltet. Anschließend zeigte Stefan Munzinger dem Publikum auf, welche neuen Projekte es bei naturgucker.de zurzeit gibt und was in naher Zukunft kommen wird.

Den diesjährigen Leitvortrag hielt Prof. Dr. Peter Finke aus Göttingen. Sein Beitrag „Lob der Amateure, oder: Profis sind auch nur Laien“ sorgte bei den Zuhörer*innen für sehr große Begeisterung und langen Beifall. Der Wissenschaftstheoretiker hob hervor, wie groß die Bedeutung der naturforschenden „Nicht-Profis“ ist und dass Menschen wie die Nutzer*innen von naturgucker.de einen enormen Beitrag zum Verständnis der Natur leisten, obwohl sie keine hauptberuflichen Forscher*innen sind. Unter den ehrenamtlichen Naturforschenden gibt es zahlreiche versierte Artenkenner*innen, deren Fachwissen derzeit mehr denn je gebraucht wird.

Im Anschluss an den Leitvortrag und eine kurze Pause startete das → Seminarprogramm mit seinen 16 Fachvorträgen. Thematisch war die Palette auch in diesem Jahr wieder sehr breit gefächert. Es gab einen Vortrag über die Orchideen Skandinaviens von Marco Klüber sowie einen Beitrag über das „Wood wide web“, also die Symbiose von Pilzen und Bäumen, vorgetragen von Dr. Rita Lüder. Alexander Wirth nahm das Publikum virtuell mit zum Naturgucken in Nordgriechenland, Dr. Wolfram Rietschel stellte später bildgewaltig die faszinierende Flora und Fauna Madagaskars vor und Dr. Gregor Hagedorn beschäftigte sich mit der Frage „Quo vadis Erde?“. Wie es um das Singvogel-Artenwissen deutscher Schüler*innen bestellt ist, zeigte Thomas Gerl in seinem Vortrag auf.

Professor Dr. Eckhard Jedicke erörterte, was eigentlich Kulturlandschaft ist. In den Vorträgen von Dominik Heinz über Naturbeobachtungen in aktiven Steinbrüchen sowie von Gaby Schulemann-Maier über die Industrienatur auf Bergehalden und Industriebrachen im Ruhrgebiet konnten einige Aspekte der Kulturlandschaft direkt kennengelernt werden. Ganz anders stellt sich die Situation im Nationalpark Berchtesgaden dar. Auf einen Streifzug durch die dortige Natur nahm Dr. Michael Vogel die Kongressbesucher*innen in seinem Referat mit.

Über seine Funde seltener Spinnen in einem schwermetallbelasteten Flussauenbiotop sprach Gerwin Bärecke, Maik Sommerhage zeigte das Biodiversitätsdesaster in der Kulturlandschaft auf, Stefan Munzinger erläuterte, weshalb Ragwurze so schwer zu bestimmen sind und er befasste sich darüber hinaus mit dem Thema Validieren beziehungsweise Plausibilisieren von Naturbeobachtungsdaten. Dr. Jürgen Ott gab ergänzend dazu Einblicke, wie brauchbar objektiv Datenkenngrößen aus Citizen-Science-Daten für die Erstellung Roter Listen sind.

Den Abschluss des Seminarprogramms bildete eine einstündige Gesprächsrunde, bei der die Besucher*innen ihre Fragen zur Benutzung von naturgucker.de sowie der naturgucker.de-Apps an die Team-Mitglieder Jörg Chmill, Frank Philip Gröhl und Gaby Schulemann-Maier richten konnten.

Gesprächsrunde und Musik am Abend

Am zweiten Kongressabend mussten die Ausrichter erneut improvisieren, weil Sturm Xaver auch den Abendgast Christian Schwägerl an der Anreise gehindert hatte. Hartmut Mai vom NABU Hessen führte ein Podiumsgespräch mit dem renommierten und international anerkannten Libellenexperten Dr. Jürgen Ott. Außerdem stellte er Naturschutzgebiete in Hessen vor und gab eine Vorschau auf das Areal „Hute am Seilerberg“, das am folgenden Tag im Rahmen einer gemeinsamen Exkursion aufgesucht werden sollte. Unterstützt wurde Hartmut Mai auf der Bühne musikalisch von Jan Luley, der am Klavier wieder sein großes Können zum Besten gab.

Zusammen Naturgucken am Sonntag

Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung. So lautet ein den meisten Naturbeobachtenden bestens bekannter Spruch. Gegen den Regen, der am Sonntag, den 8. Oktober 2017 niederging, halfen nur dichte Regenjacken – und die trugen fast alle der rund 60 Exkursionsteilnehmer*innen, die sich zur gemeinsamen Erkundung des FFH-Gebiets „Hute am Seilerberg“ bei Ehlen aufmachten. Ab 9:30 Uhr schwärmten die Naturbegeisterten gemeinsam aus, wobei sie sich in vier Gruppen aufteilten.

Nach Pflanzen hielt die Gruppe um naturgucker.de-Fachbeiratssprecher Dieter Schneider Ausschau, der aktive Naturgucker Torsten Hunger suchte mit seiner Gruppe gezielt nach Pilzen, Dominik Heinz und seine Begleiter*innen konzentrierten sich auf die Vogelwelt und Gaby Schulemann-Maiers Gruppe hatte sich auf die Fahnen geschrieben, Tiere unter 10 cm Größe aufzuspüren, also alles von Schnecken über Käfer bis hin zu Hautflüglern. Begleitet wurde dieser Trupp von einem Fernsehteam des Hessischen Rundfunks, der Sender strahlte am selben Abend einen Beitrag über die Exkursion in der „Hessenschau“ aus.

Welche Arten im Rahmen des gemeinsamen Naturguckens entdeckt wurden und welche fotografischen Eindrücke trotz des Regenwetters entstanden sind, kann auf NABU-naturgucker.de nachgeschaut werden, siehe → FFH-Gebiet Seilerberg bei Ehlen.

Um 12:30 Uhr stand eine kurze Fahrt zum Haus der Freiwilligen Feuerwehr Ehlen an, das dieses nette Team für die Kongressbesucher*innen geöffnet hatten. Dort fand alternativ das eigentlich für draußen geplante Picknick statt, das die örtlichen NABU-Aktiven organisiert hatten. Es gab neben kalten und warmen Getränken lokale Wurstspezialitäten, Käsebrötchen, im eigenen Garten kultivierte Weintrauben und leckeren hausgemachten Kuchen – und noch einmal die Möglichkeit, sich in lockerer Atmosphäre untereinander auszutauschen. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass dieser Abschluss des Kongresses wirklich gelungen war. Der Dank der Ausrichter gilt deshalb den örtlichen NABU-Aktiven und der Freiwilligen Feuerwehr, weil sie dieses überdachte Picknick ermöglicht haben.

Zum Abschied gaben die Ausrichter den Teilnehmenden noch eine Information mit auf den Heimweg: Auch im Jahr 2018 sollte es wieder einen NABU|naturgucker-Kongress geben, und zwar vom 23. bis 25. November 2018 im Haus der Kirche in Kassel-Wilhelmshöhe.

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