NABU|naturgucker-Kongress 2019

  • Hartmut Mai (li.) und Stefan Munzinger bei der Eröffnung der Veranstaltung, (c) Gaby Schulemann-Maier
    Hartmut Mai (li.) und Stefan Munzinger bei der Eröffnung der Veranstaltung, (c) Gaby Schulemann-Maier

Der 5. NABU|naturgucker-Kongress fand vom 1. bis 3. November 2019 in Göttingen im historischen Bibliothekssaal der → Paulinerkirche und in angrenzenden Räumlichkeiten statt. Ausgerichtet wurde die Veranstaltung von → naturgucker.de gemeinsam mit dem → NABU Landesverband Hessen sowie dem → NABU Bundesverband.

Tipp: Eine Programmübersicht der gesamten Veranstaltung finden Sie → hier. Außerdem stehen für Sie mehrere → Vortragsmanuskripte zum Herunterladen bereit.

Begegnungen, Kultur und gutes Essen

Beim NABU|naturgucker-Kongress bildet der Freitagabend typischerweise den lockeren Einstieg in die Veranstaltung. Während die Teilnehmer*innen nach und nach eintrafen, wurden schon die ersten Gespräche untereinander geführt. Freund*innen und Bekannte wurden begrüßt und neue Kontakte geknüpft – das ist ein wichtiger Bestandteil der jährlichen Zusammenkunft der Naturbegeisterten und es unterstreicht den Netzwerkgedanken von naturgucker.de.

Um 19:00 Uhr ging es zunächst mit Musik los. Live auf der Bühne standen mit → Jan Luley und dem Jazz-Posaunisten → Rick Trolson aus New Orleans zwei überaus talentierte Künstler, die mit ihren mitreißenden Klängen und dem rauchigen Gesang begeisterten. Danach eröffneten Hartmut Mai (NABU Hessen) und Stefan Munzinger (naturgucker.de) die Veranstaltung am 1. November 2019 ganz offiziell, und das wie immer in ihrer lockeren Art.

Im Anschluss daran fand die Preisverleihung für den Wettbewerb → SIGMA Naturbild 2019 statt. Ein Foto des begeisterten Hobby-Naturfotograf → Lutz Klapp, das zwei sehr prächtige Stare zeigt, war im Vorfeld von einer Fachjury zum Siegerbeitrag gekürt worden. Auf dem NABU|naturgucker-Kongress wurde Herrn Klapp das 60-600mm F4,5-6,3 DG OS HSM Sports von → SIGMA im Wert von 1.899 € (zum Stand des Wettbewerbs) verliehen und er sprach vor dem Publikum darüber, wie das Foto zustande gekommen war.

Als nächstes wurde gemeinsam gegessen, um anschließend zu den weiteren Programmpunkten überzugehen. Die beiden Musiker wechselten sich mit den beeindruckenden Darbietungen von → Dr. Uwe Westphal ab. Der Biologe versteht es wie kaum ein anderer, Tierstimmen verblüffend echt nachzuahmen. Auf der Bühne sprach er vor allem über unsere heimische Vogelwelt und den teils dramatischen Rückgang einiger Arten. Immer wieder streute er Kostproben seines Könnens in Sachen Tierstimmen-Imitation ein. Es gab zum Beispiel den Gesang der Feldlerche, das Flügelwummern der Bekassine und lautmalerische Merksätze der Lieder von Singdrossel und Zaunkönig zu hören.

Neues von den Kranichen und zahlreiche Fachvorträge

Der zweite Tag des NABU|naturgucker-Kongresses bot auch dieses Mal wieder zahlreiche informative Fachvorträge. Los ging es morgens um 9:00 Uhr mit Kurzvorträgen über Neues aus dem NABU, präsentiert von Ralf Schulte (NABU Bundesverband), und Aktuelles aus naturgucker.de, vorgetragen von Stefan Munzinger.

Mit den Vögeln des Glücks, also den Kranichen, beschäftigte sich der Leitvortrag des NABU|naturgucker-Kongresses 2019. Als Referenten konnten wir den Forscher und Buchautoren → Dr. Bernhard Weßling gewinnen. Sein Vortrag mit dem Titel „Stimmanalyse von Kranichen – Individualerkennung, Monitoring, Artenschutz, Kranich-Kommunikation und -Emotionen“ (siehe → Vorträge 2019) enthielt alles, was es für spannende Einblicke in die Thematik braucht: interessante neue Fakten, Klangaufnahmen der Vögel, Dramen aus dem Leben der Kraniche und fantastische Bilder.

Während der anschließenden kurzen Pause bestand die Möglichkeit, sich mit heißen und kalten Getränken zu versorgen und die Stände unserer Aussteller → Haupt Verlag→ EuroNatur Stiftung→ Langenholzen Natur entdecken und → Dragon Bean Roastery zu besuchen.

Zwölf Fachvorträge zu unterschiedlichen Themen bildeten das Herzstück des Programmteils am Kongress-Samstag. Unter anderem gab es Beiträge über die Gewinner und Verlierer der heimischen Flora und Fauna im Klimastress (Marco Klüber), Wildbienen (Volkmar Nix), Hummelbestimmung (Dr. Melanie von Orlow), Artenwissen und Training von Artenwissen (Patrizia Haupt und Stefan Munzinger) sowie das Schlafverhalten der Blaumeisen (Alexander Wirth) und Neozoen in unserer Natur (Dr. Jürgen Ott). Viele der auf dem Kongress gehaltenen Vorträge finden Sie → hier als PDF-Downloads.

Den Abschluss des Seminarprogramms bildete wie schon in den Vorjahren eine Fragestunde zu naturgucker.de, die um 17:00 Uhr startete. Frank Philip Gröhl und Gaby Schulemann-Maier, die die Naturbeobachtungs-Meldeplattform beide sehr intensiv nutzen, standen den Kongressbesucher*innen Rede und Antwort. Live wurde per Beamer beispielsweise gezeigt, wie sich auf naturgucker.de im Handumdrehen Änderungen der eigenen Beobachtungsdaten durchführen lassen.

Nach so vielen Vorträgen war eine Stärkung nötig. Beim Abendessen mit reichhaltigem Büfett bestand zudem wieder die Möglichkeit, sich ausgiebig mit anderen Kongressbesucher*innen und den Referent*innen auszutauschen. Weiter ging es im Programm mit Musik. An diesem Abend standen die → Urban Swing Workers auf der Bühne.

Nach diesem beschwingten Programmpunkt folgte eine Ehrung: Das Modellprojekt „Fairpachten“ der NABU-Stiftung (siehe Vortrag von Karoline Brandt im → Seminarprogramm am Samstag) erhielt eine Auszeichnung als UN-Dekade-Projekt. Die Laudatio hielt Gerrit Öhm, der Jugendbotschafter der UN-Dekade Biologische Vielfalt; er überreichte auch den Preis. → Fairpachten ist ein kostenloses Beratungs- und Informationsangebot für alle Grundeigentümer*innen wie Private, Kirchen und Kommunen, die gern gemeinsam in Absprache mit ihren Pächter*innen mehr Naturschutz auf ihren landwirtschaftlichen Flächen umsetzen möchten. Im persönlichen Beratungsgespräch identifizieren die regionalen Fachberater*innen geeignete Naturschutzmaßnahmen und geben Hilfestellung zur Ausgestaltung des jeweiligen Pachtvertrags.

Den ruhigen und nachdenklich stimmenden Abschluss des Abends bildete eine Filmvorführung. Der aktive Naturgucker Gerwin Bärecke, der sich für die Natur in seiner Heimatstadt Goslar einsetzt, führte seinen Film zum Thema „Lebens-Licht“ vor. Beeindruckende Naturbilder und philosophische Inhalte gingen dabei Hand in Hand.

Natur an der Leine

Nicht weit von Göttingen entfernt befindet sich mit den Leinepoldern zwischen Einbeck und Northeim ein ebenso artenreiches wie bedeutsames Naturparadies aus Menschenhand. Es war Ziel der Kongress-Exkursion, die am 3. November 2019 stattfand – sogar vorübergehend bei ein wenig Sonnenschein. Die → Naturscouts Leinetal e. V. informieren mit einem breit aufgestellten Maßnahmenpaket über das → EU-Vogelschutzgebiet, dazu gehören auch Besucherführungen. Vertreten waren die Naturscouts am Kongress-Sonntag vor Ort unter anderem durch Thomas Spieker, der tags zuvor bereits einen Fachvortrag über die besondere Feuchtwiesenlandschaft gehalten hatte.

Während des gemeinsamen Spaziergangs auf dem Deich, der die Leinepolder umgibt, erfuhren die Kongressbesucher*innen einerseits mehr über die enorme wasserwirtschaftliche Bedeutung der Polder. Andererseits lernten sie sie als wichtigen Lebensraum für zahlreiche Tierarten kennen und konnten sich vor Ort davon überzeugen, wie attraktiv die Leinepolder beispielsweise für Vögel und Wild sind.

Mit Ferngläsern und Spektiven ausgerüstet, gelangen den Exkursionsteilnehmer*innen wundervolle Beobachtungen. Es zeigten sich unter anderem mehrere hundert Grau-, Saat-, Nil- und Blässgänse, etliche Silberreiher, weitere Wasservögel wie Gänsesäger, Stock-, Krick-, Löffel- und Reiherenten, Rehe, ein Rotfuchs und am Ende sogar noch ein Kranich sowie ein Raubwürger mit erbeuteter Maus. Pflanzen und Insekten sind im November nicht mehr in allzu großer Zahl zu erwarten, weshalb die ausgewachsene und somit mehrere Zentimeter lange Raupe eines Labkrautschwärmers einen weiteren imposanten Glücksfund darstellte.

Zeitgleich zur Exkursion an den Leinepoldern führte der aktive Naturgucker Torsten Hunger einige Kongressbesucher*innen auf den benachbarten Dohrenberg, um dort gemeinsam mit ihnen nach Pilzen zu suchen. Für ihre Ausdauer wurden sie mit spannenden Beobachtungen belohnt. Unter anderem fanden sie den seltenen Hornstieligen Schwindling.

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